Edition 5 Erstfeld

Kuh

Fritz Müller

Kuh
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19 x 6 x 28 cm
1999
Vergriffen

Kuh

Fritz Müller


19 x 6 x 28 cm
1999
Vergriffen

„Es gibt keine Kühe ohne Schweiz und keine Schweiz ohne Kühe.“ Dieses schon oft zitierte Bonmot ist von Fritz Müller auf die Frage, warum es gerade eine Kuh sein soll, zu vernehmen. Sein listiger Blick verrät denn auch nicht, wo der wahre Grund zu finden ist, welcher verantwortlich gemacht werden kann, dass die Kuh in sein künstlerisches Werk miteinbezogen wird. Gesucht, hergestellt und für gut befunden, dieses Motiv muss uns genügen. Art Brut, Naive Malerei oder Poetischer Realismus, dies sind die Begriffe, die das Werk Fritz Müllers immer wieder zu umschreiben versuchen. Auch wenn in sich jeder dieser Begriffe seine Gültigkeit besitzt, der Arbeit und dem Gesamtwerk Fritz Müllers vermögen sie wohl nie vollständig gerecht zu werden. Fritz Müllers Lebens- und Gedankenwelt ist aufgehoben beim Randständigen, bei den Anarchisten, bei den Kommunisten, bei den Trotzkisten - die Liste könnte um weitere Begriffe erweitert werden. Neben diesem Gedankengut ist er ein grundtiefer Patriot, ein Patriot wohlverstanden nicht im Sinne der rechtspopulistischen Manier, die sich all zu oft dieses Begriffes bemächtigt. Die immense Bibliothek, das umfassende gesellschaftliche, geschichtliche und philosophische Wissen, das im Gespräch mit dem Künstler zutage tritt, belegt, dass diese patriotischen Wurzeln auch benannt sind. 1934 wurde Fritz Müller in Zürich geboren wo er heute lebt und arbeitet. Nach der Schulzeit folgte ein Aufenthalt bei einem Bauern im Kanton Waadt. Der Künstler erzählt: „Die Arbeit war hart und ich wurde traurig und vereinsamte. Im Stall hatte ich viel mit Kühen zu tun. Kühe müssen vor dem Melken vorgemelkt werden, das war eine meiner Aufgaben. Im Herbst weiden die Kühe und ich wurde ihr Hüterbube.“ Zurück in Zürich folgte eine Lehre als Spengler-Sanitär. Nach der Rekrutenschule erkrankte Fritz Müller an Tuberkulose. Der Beruf wurde zu streng und er ergriff Gelegenheitsarbeiten (Post, Fernsehen, Oper, Handsetzerei, Siebdruckerei). Er besuchte Kiew, was zur Folge hatte, dass der damalige Chef keinen „Roten“ mehr beschäftigen wollte. In den 60er Jahren begann er zu malen und wurde selbständig. Unzählige Werke befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen. Dabei bleibt Fritz Müller dem Grundsatz treu, dass alle Leute seine Kunstwerke besitzen können sollen. Dies erreicht er, getreu dem demokratischen Grundsatz, durch speziell tiefe Verkaufspreise, die für alle erschwinglich sein sollen. Einmal für gut befunden, kann eine Arbeit in manufakturartiger Manier, aber in durchaus originärem Sinn multipliziert werden. Es sind denn auch Mitarbeiter, die Fritz Müller bei der Produktion unterstützen. Die Vollendung, die malerische Setzung, der letzte Schliff und das Anbringen der Firnis bleibt jedoch dem Meister überlassen. Für die Edition 5 hat Fritz Müller fünf Gurtenkühe gefertigt. Es sind fünf Holz-Objekte, die nummeriert und signiert, in der Grösse ca. 19 cm x 6 cm x 28 cm und von Hand bemalt, für die Edition 5 hergestellt wurden. Eine Kartonschablone diente als Vorlage, um das Holz mit einer Stichsäge zuzuschneiden. Kleine Abweichungen in der Ausformung wurden dabei in Kauf genommen. In abgewandelter Form wurden natürlich schon Kühe ausgeführt, und in anderer Form wird es künftig auch weitere Kuh Objekte geben. Gurtenkühe, ein beliebtes Motiv in der Arbeit Fritz Müllers, entspringen einer Züchtung, die nicht weit verbreitet ist. Gemäss der Aussage des Künstlers wurden diese wegen ihres speziellen Aussehens anfänglich vom Staat nicht subventioniert. Ist es gerade diese Tatsache, die Fritz Müller veranlasste, auch in diesem Fall dem Randständigen, dem Andersartigen Würde zu verleihen? Beim Betrachten der Kuh fällt auf, dass sie auf beiden Seiten ein Gesicht hat. Er will beiden Betrachter-Seiten das Seh-Erlebnis ermöglichen. An dieser Stelle erwähnt er Angelika Kauffmann, auf deren Bildern er manche Figuren mit zwei linken Füssen entdeckt hat, einfach so, weil es eben so entstanden ist. Mit seinen Arbeiten will Fritz Müller berühren, Freude bereiten. Sie sind einfach da. Mit wenigen Pinselstrichen werden die Beine, Gesichtszüge, Glocke oder Blumen festgehalten, reduziert in der Formgebung, minimalistisch in der Grundstruktur, betont farbig in der Gestaltung, mit ein paar Prozenten Barock - urtümliche und unverwechselbare Arbeiten.

Jürg Nyffeler